Kristina Milz

KRISTINA MILZ IST ZEITHISTORIKERIN, BIOGRAFIN UND FREIBERUFLICHE AUTORIN

Dass die Studierenden die lange Reise nach Litauen angetreten haben, um hier jener 15 ermordeten Kinder zu gedenken, hat einen besonderen Hintergrund. Als Kristina Milz, 36, Historikerin am Institut für Zeitgeschichte in München, 2018 für ihre Dissertation den privaten Nachlass des Orientalisten und Holocaust-Überlebenden Karl Süßheim auswertet, fällt ihr ein Klassenfoto seiner Tochter Margot (…) in die Hände. Aufgenommen im Frühjahr 1937 zeigt es 48 Kinder des Jahrgangs 1928/1929 mit ihrem Lehrer, Ferdinand Kissinger, im Hof der jüdischen Volksschule an der Münchner Herzog-Rudolf-Straße. Süßheim hat alle Personen auf dem Foto nummeriert, die Namen fein säuberlich notiert. Milz lässt das Foto auch nach Veröffentlichung ihrer Recherchen über Karl Süßheim nicht los. Sie will wissen: Was ist aus diesen Kindern geworden?

KATHARINA HAASE: Auf den Spuren von 999 jüdischen
Kindern, Frauen und Männern
, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, 30.11./1.12.2024

Nach dem Tod des Vaters 1947 zog Margot Süßheim mit ihrer Schwester Gioconda und ihrer Mutter in die USA – das erste Stück des biografischen Puzzles hinter dem Klassenfoto, das Kristina Milz im Herbst 2023 mit der Historikerin Julia Schneidawind und 13 Studierenden im Rahmen einer Übung am Historischen Seminar der Universität München zusammenzusetzen begann. „Für einen allein“, sagt sie, „wäre das nicht zu bewältigen gewesen.“ Gemeinsam gelang es ihnen, die Lebenswege aller 48 Kinder auf der Fotografie nachzuzeichnen, manche in groben Umrissen, manche in verblüffendem Detailreichtum. (…) In Kristina Milz’ Arbeitszimmer am IfZ in München bedecken Fotos der Überlebenden und der Ermordeten nebst Notizen und kopierten Dokumenten zwei Wände, ein wenig wie im Büro eines Ermittlers. „Wir hätten nie gedacht, dass wir mit unserer Detektivarbeit so weit kommen“, sagt sie.

christiAn Staas: „Meine Klasse. Wer hat überlebt???“ Ein Foto und seine Geschichte, Die zeit, 16.5.2024

In ihrem Vortrag über den jüdischen Sozialdemokraten Max Süßheim analysiert Kristina Milz die Entstehung des Feindbilds, das rechte sowie linke Gegner von Süßheim zeichneten.

MArla kyriss und christina rehm: DEn horizont erweitern, Süddeutsche zeitung, 13.3.2024

Karl Süßheim ist Anfang des 20. Jahrhunderts in Bayern ein Begriff. Während des Ersten Weltkrieges sind die Sprachkenntnisse des jüdischen Historikers und Orientalisten sogar unentbehrlich. Nach dem Zweiten Weltkrieg gerät Karl Süßheim allerdings jahrzehntelang in Vergessenheit. (Podcast mit Kristina Milz)

ULRIKE BECK: DER ORIENTALIST KARL SÜẞHEIM – VERGESSEN UND WIEDERENTDECKT, BAYERN 2 „radio WISSEN“, 22.1.2024

„Diese Filme transportieren (…) ein problematisches Deutschlandbild, in dem alle deutschen Figuren entweder völlig gesichts- und charakterlose Nazis oder besonders gute Menschen sind, die rigoros unterdrückt werden“, ergänzt Kristina Milz. Dieses Bild unterschlage nicht nur Fakten, sondern auch Ambivalenzen in den Personen. So sei Kurt Huber selbst ein konservativ gesinnter Mensch gewesen, dessen Ansichten zum Teil mit der nationalsozialistischen Ideologie kompatibel gewesen seien, ihr in anderen Teilen aber diametral widersprachen. „Wenn man sich an die historischen Fakten hält, lässt sich damit gerade auch zeigen, dass Huber aus einem dezidiert konservativen Standpunkt heraus Widerstand geleistet hat. Gegnerschaft zu einer menschenverachtenden Ideologie muss nicht zwangsläufig aus einem linken Spektrum kommen.“

CLEMENS GROSSE: GEDENKEN AN DIE NS-ZEIT – WIDERSTAND IM SCHATTEN DER ERINNERUNG, MünchnerUNI MAgazin, 11.12.2023

Als einer der profilierten politischen Intellektuellen in Bayern zur Weimarer Zeit hat er dem NS-Pronografen und späteren „Frankenführer“ Julius Streicher wie kaum ein anderer die Stirn geboten, obwohl der ihn in seinen Nazipostillen unaufhörlich besudelt, verhöhnt und verunglimpft hat. Sein Name aber, Max Süßheim, ist heute ein Fall für Spezialisten, während seine Zeitgenossen Gustav Landauer, Erich Mühsam oder Ernst Toller allgemein geläufig sind. Woran das liegt? Die Historikerin Kristina Milz vom Münchner Institut für Zeitgeschichte ist der Frage jetzt nachgegangen.

Olaf Przybilla: Im Widerstand – und fast vergessen, Süddeutsche Zeitung, 23./24.9.2023

Kristina Milz erschafft (…) ein buntes Mosaik an historischem Material, wobei es ihr in hervorragender Weise gelingt, ein lebendiges Bild der Zeit zu entwerfen. Ihre akribische Quellenarbeit und die minutiöse Rekonstruktion von Süßheims Lebensgeschichte verdienen hohe Anerkennung. (…) „Große“ Geschichte wird dabei im Kleinen, im Persönlichen nachvollziehbar.

DAniela sandnER: Kristina Milz: Karl Süẞheim bey, Schönere Heimat 3 (2022)

Kristina Milz porträtiert den fast vergessenen jüdischen Orientalisten Karl Süßheim (1878–1947), der zwischen München und Istanbul sein Glück suchte und den Nazis nur mit knapper Not entkam. Eine anrührende Geschichte über einen diplomatischen Patrioten und ewigen Außenseiter. (…) Eine angemessene Ehrenrettung für den vergessenen bayerischen Orientalisten (…) leistet erst die eindrucksvolle, quellenstarke Biografie der Münchner Historikerin und Turkologin Kristina Milz.

Christiane Schlötzer: Wanderer zwischen den Welten (Rezension „Das politische buch“), Süddeutsche Zeitung, 22.8.2022

Vor Kurzem stellte Kristina Milz ihre Biografie von Karl Süßheim Bey (1878–1947) im Literaturhaus München vor. Die Stadt, so hieß es in der Begrüßung, schulde dem „verdrängten Intellektuellen“ Süßheim „Wiedergutmachung“. Und wie verdient gerade diese einer alteingesessenen jüdischen Familie gegenüber wäre, wenngleich nur symbolisch, belegte der Abend in würdiger Weise.

Ellen Presser: Glühender Patriot und gläubiger Jude, Jüdische Allgemeine, 11.8.2022

Auf dem Gelände der Ditib-Moschee in Berlin-Tempelhof, die dem türkischen Verteidigungsministerium gehört, liegen zwei prächtige Ehrengräber. Hier liegen Cemal Azmi und Bahattin Schakir, erzählt die Historikerin Kristina Milz in der FAZ. Die beiden gehörten der jungtürkischen Regierung an und wurden vor genau hundert Jahren bei einem von zwei Armeniern begangenen Attentat in Berlin ermordet. Dass die beiden Politiker so prächtige Gräber in Berlin haben, zeigt auch, dass der Völkermord in der Türkei alles andere als aufgearbeitet ist.

9PUNKT. Die debattenrundschau: DIE Kultur der nachträglichen Teilzerknirschung, PERLENTAUCHER. DAS KULTURMAGAZIN, 11.4.2022

Im nächsten Raum liest eine weibliche Stimme aus „Todesursache Flucht“. Kristina Milz‘ Buch ist 500 Seiten dick geworden, Listen mit Namen von Menschen, die bei ihrem Versuch, ein besseres Leben zu finden, umkamen.

SABINE REITHMAIER: Ausstellung in Landsberg: Das EWIGE SCHLACHTEN, Süddeutsche Zeitung, 18.6.2020

Dieses Buch – eine verstörende Dokumentation menschlichen Leids und einer humanitären Katastrophe – sollte uns dazu zwingen, verstärkt über die Flucht- und Migrationspolitik der EU und ihrer Mitgliedstaaten nachzudenken sowie über die vielfältigen Ursachen von Flucht und Migration. Dabei geht es um aktuelle Missstände, essenzielle Zusammenhänge und historische Lasten, die im medialen Alltag und in der herrschenden Politik allzu leicht untergehen.

Rolf Gössner: Die dunkle Kehrseite der westlichen Werte, Frankfurter Rundschau, 9.1.2019

In einem zum 70. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte erschienenen Buch dokumentieren die Historikerin Kristina Milz und die Autorin Anja Tuckermann die menschengemachten „Schicksale“ von 35.597 Opfern des europäischen Grenz- und Migrations-, Aufnahme- und Abweisungsregimes. Ein Vierteljahrhundert institutionalisierter Menschenverachtung, auf Hunderten von Seiten aufgelistet – eine kaum erträgliche Lektüre.

Stephan Lessenich: Fraglos Schreiten wir Voran, TAZ, 23.12.2018

Das Buch ist ein Plädoyer gegen die Politik täglicher Gleichgültigkeit. Es berührt und macht zornig – Seite für Seite.

dietmar süẞ: Die Mahnung der Toten (Rezension „Das politische buch“), Süddeutsche Zeitung, 10.12.2018

Dieses Buch kann den Panzer der Verdrängung aufbrechen und das Wegsehen ins Hinsehen wenden. Kaufen. Ein hilfreiches Weihnachtsgeschenk, auch als Antidot gegen die Heuchelei zum großen Fest geeignet.

Hans-Peter Martin: neues buch bricht die abstumpfung auf: Listen, die unter die Haut gehen, Taz Blogs, 9.12.2018

Zum Internationalen Tag der Menschenrechte wurde die Liste der Toten in Buchform herausgeben, um der Debatte um Flucht und Tod wieder ein menschliches Antlitz zu geben. MiGAZIN veröffentlicht einen Ausschnitt aus dem Buchbeitrag von Lorenz Narku Laing.

BUCHTIPP ZUM Wochenende: Das schwarze leben scheint weniger wert, Migazin, 7.12.2018

„Die Fronten in der Diskussion um Flucht und Migration sind sehr hart“, sagt Milz, „aber wenn es um die Schicksale einzelner Menschen geht, die gestorben sind, wird nicht mehr so stark polemisiert. Für die meisten scheint hier doch noch immer eine gewisse Grenze erreicht.“ Die 30-Jährige hofft, mit Hilfe des Buchs wieder eine breite gesellschaftliche Debatte anzukurbeln.

SUSANNE SCHRÖDER: „Todesursache Flucht“: Gedenkbuch erinnert an 35.597 tote Flüchtlinge, Sonntagsblatt, 1.12.2018

Milz und Tuckermann fordern mehr Menschlichkeit, aber auch mehr Ehrlichkeit in der Debatte um Flucht und Migration – in Deutschland und in ganz Europa. Dafür wollen sie eine Allianz der warmen Herzen und klugen Köpfe schmieden.

Jamal Tuschick: einen weg zurück gibt es nicht, Der Freitag, 1.10.2018

Kristina Milz und Anja Tuckermann geben den wichtigsten Titel der Stunde heraus.

Jamal Tuschick: Todesursache: Flucht. Eine Unvollständige Liste (Interview mit kristina milz), Textland, 21.9.2018

Wer sich ausführlich mit dem Thema Arbeitsbedingungen befasst, wie es die Journalistin Kristina Milz für die Zeitschrift „Zenith“ getan hat, die dafür wochenlang im Umfeld katarischer Großbaustellen recherchierte, erkennt, dass es keine pauschalen Antworten auf die kritischen Fragen gibt.

ANDREAS BURGMAYER: 200 MILLIARDEN DOLLAR FÜR DIE VISIONEN DES EMIRS, DIE WELT, 14.1.2015

Die Reporterin Kristina Milz hat für die Zeitschrift „zenith“ als eine der wenigen ausländischen Journalisten die Baustellen und Arbeiterunterkünfte in Katar besucht und mit Betroffenen gesprochen. Ihr Fazit nach mehrwöchiger Recherche vor Ort: „Die Kritik an den Zuständen in Katar ist oberflächlich und geht am Kern des Problems vorbei.“

CHRISTOPH SYDOW: DIE WAHRHEIT LIEGT NEBEN DEM PLATZ, SPIEGEL ONLINE, 19.4.2014

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Thema von Anders Norén